Schreib mal wieder – einen Brief und keine Mail!
In Zeiten der digitalen Beschleunigung ist der analoge Schreibtisch eine Festung der Langsamkeit; Stift und Papier sind ihre ruhigen Waffen.
Am Esstisch gilt üblicherweise: Handy aus! Schließlich möchte man beim Essen nicht gestört werden. Aber auch der Schreibtisch sollte eine elektronikfreie Zone sein, wenn statt digitaler Mail-Häppchen analoge Sterneküche aufgetischt werden soll. Der Brief hat der Mail in Sachen Persönlichkeit noch – und wohl auch für immer – einige Dinge voraus. Damit es aber mit dem eigenhändigen Schreiben wieder klappt, sollten die Rahmenbedingungen stimmen.
So schaffen Sie Zeit und Raum, um mal wieder einen Brief zu schreiben:
Zeit und Raum nehmen
Schreiben, vor allem das von Briefen, nimmt Zeit in Anspruch. Die muss man sich nehmen, und zwar von unserer allzu beschleunigten Welt. Genau das ist aber auch das Geschenk an den Empfänger.
Der selbst verschuldeten Hektik entkommt man am besten an einem ruhigen Ort, der alle Ablenkungen ausblendet. Der Schreibtisch darf in einer ruhigen Ecke oder zum Beispiel auch auf dem Dachboden stehen, je nachdem über wie viel Platz man verfügt. Mehr als ein Tisch, ein Stuhl und eine Lampe braucht es nicht. Natürlich Stift und Papier nicht vergessen.
Natürliche Umgebung
Das richtige Zimmer für den heimischen Schreibtisch zu finden, ist nicht einfach. Einerseits darf es nicht zu viel Büroatmosphäre schaffen, andererseits ist eine gewisse Abgeschiedenheit vom Alltag des Wohn- oder Schlafzimmers wichtig, um die Gedanken zu ordnen. Auf jeden Fall sollte der Schreibtisch positiv gestaltet sein und eine angenehme Umgebung darstellen. Helle Farben, viel Licht und einige Pflanzen wirken Wunder.
Sekretär auf Zeit
Der Schreibtisch ist für viele das Symbol der Arbeit. Weil wir im Büro schon genug Zeit an ihm verbringen, hat er auch zu Hause eine negative Aura. Vermeiden kann man das mit einem Sekretär, der nur für die Zeit des Schreibens aufgeklappt wird. Mit dem Aufklappen beginnt die Konzentration und schafft den Arbeitsraum, das Schließen beendet den Schreibvorgang räumlich und zeitlich. Letzteres zwingt außerdem dazu, die Arbeitsfläche aufgeräumt zu halten. Das Innere des Sekretärs sollte nur das Nötigste enthalten.
Fensterblick
Liest man die großen Werke der Weltliteratur, wird man sich die Arbeitsumgebung der Dichter und Denker wohl kaum als Schreibtisch vorstellen, der an die Wand gerichtet ist. Natürlich werden auch Goethe und Co. im stillen Kämmerlein geschrieben haben, aber die eigenen Gefühle und Gedanken manifestieren sich am besten durch einen Blick in die Natur.
Handy aus!
Schubladen sind leider oft Ordnungskiller. Gemeint ist die allen bekannte Kramschublade, in der alles landet, was sonst nirgendwo hinpasst. Damit man sich auf das Wesentliche konzentrieren kann, ist eine Schublade unterhalb der Tischplatte natürlich praktisch. Ungelesene Briefe und Kleinkram verschwinden von der Schreibfläche und das Handy – ausgeschaltet – passt auch wunderbar hinein. Sollte es in der Kramschublade verloren gehen: kein Problem! Genießen Sie die Ruhe und schreiben ein paar mehr Seiten in Ihrem Tagebuch.
Musikalische Inspiration
Musik ist eine der besten Quellen für Inspiration. Das bedeutet aber nicht, dass die Technik nun doch wieder Einzug in den Schreibprozess hält. Maximal ein alter Plattenspieler oder ein analoges Radio sind erlaubt. Hightech-Systeme mit WLAN und intelligenten Playlists? Da hört man ja doch wieder nur, was man eh schon kennt und ist geneigt, sich mit Siri, Alexa oder anderen zu unterhalten. Halten Sie es lieber simpel, die alten Radios haben als Designobjekte sowieso mehr Charme.
Naturmaterialien und klare Linien
Die Technik hat unsere Welt im Grunde vollständig im Griff. Selbst in Kaffeemaschinen und Schreibtischlampen stecken Mikrochips, für deren Rechenleistung früher ganze Zimmer nötig waren. Um dem Rauschen der technischen Welt zu entfliehen, empfiehlt es sich beim Schreibtisch auf Naturmaterial zu setzen: warmes Holz statt kühlem Metall. Bei einem minimalistischen Design sind sich die Gedanken selbst überlassen.
Der eigene Griffel
Der Erhalt des ersten eigenen Füllers in der Grundschule war eine Art Initiationsritual: Von nun an gehörte man zur schreibenden Zunft, konnte mithilfe von Worten ganze Welten erschaffen. Den ersten eigenen Stift in der Hand zu halten und mit Tinte Buchstaben auf ein Blatt Papier zu malen – das Gefühl ist unvergleichlich. Ein Gefühl, das keine Tastatur jemals erreichen wird. Der eigene Stift ist auch heute noch etwas Besonderes. Es kann natürlich auch ein einfacher Bleistift sein, aber mit einem Füllfederhalter schreibt es sich gleich eleganter. Federstärke, Gewicht und Schwerpunkt empfindet jeder anders, die für sich selber optimale Mischung herauszufinden kann dauern. Aber Sie werden sehen, mit Ihrem Stift schreibt es sich noch schöner.
Schreibmaschine
An der Schnittstelle zwischen Werkzeug und Maschine ist die Schreibmaschine das einzige zulässige Hilfsmittel für schnelleres Schreiben. Irgendwann musste Gutenbergs Buchdruck ja überrundet werden. Das Gewicht des Tastenanschlags und die unwiderruflich auf das Papier gebannte Farbe bringen das Schreiben per Schreibmaschine zumindest noch in die Nähe des Handschriftlichen.
Sollte man - aus praktischen Gründen - für die meisten Zwecke auf den elektronischen Briefverkehr umschwenken, ist das verständlich. Der Mensch ist bequem und die digitale Welt ist praktisch und einfach. In allen anderen Aspekten gewinnt jedoch die analoge Welt. Ein alter Laptop ist nur Elektroschrott, eine ausgediente Schreibmaschine sollte man aber selbst im Blumenbeet als Designobjekt nicht abschreiben. Ein guter Stift ist ein lebenslanger Begleiter und spätestens für die eigene Unterschrift, die in wichtigen Fällen noch immer zwingend handschriftlich erfolgen muss, unerlässlich. Probieren Sie es aus und schreiben Sie mal wieder einen Brief.